23. - 24. Juni 2007
Diesmal klappte die Beschwörung nicht so ganz: Die Wettergöttin war uns reisenden Engeln leider nicht so
gewogen wie gewohnt. Wer die Wahl hatte zwischen Leder und Textil, tat gut daran sich für Letzteres zu entscheiden -
oder gleich ordentliche Regenkleidung mitzuführen. An guter Laune fehlte es natürlich trotzdem nicht, als wir
uns am Sonnabend, 23. Juni, um neun Uhr morgens zu vierzehnt (!) in Schulau am
Willkomm Höft trafen. Anja, Martina
und Tina hatten leider aus gesundheitlichen, beruflichen und/oder Weicheigründen absagen müssen. Und Karin hätte uns
auch beinahe ziehen lassen müssen, denn die kalte Dusche von oben rächte sich sogleich an ihrem Kupplungs-Bowdenzug,
der beim Abrutschen der Gummigalosche heimtückisch riss und eine Weiter-, ach was: Mitfahrt auf der Estrella unmöglich
machte. Wie gut, dass der Gatte willens und bereit war, vom zum Glück nahen Zuhause zu Hülfe zu kommen, das waidwunde
Motorrad nach Hause zu schieben und Karin "die W" zur Verfügung zu stellen!
Selten waren wir mit so vielen Frauen unterwegs, so dass wir vor der Abfahrt nicht nur die üblichen Regeln
zum Tourenfahren (wie versetzt fahren, einmal festgelegte Reihenfolge einhalten, nebeneinander anhalten und gemeinsam anfahren, Überholverbot untereinander,
Verantwortung für die Hinterfrau) in einer letzten gemeinsamen Runde klärten, sondern dieses Mal besondere Vorkehrungen
angezeigt waren. Wir fuhren nämlich mit zwei Spitzen! Unsere Tourenplanerin Nicole und unsere bewährte Frontfrau Elke
hatten beide die Tour auf ihrem GPS. Elke fuhr voran und Birgit T. hielt in bekannt sicherer Manier
von hinten die Meute zusammen, während Nicole in der Mitte fuhr und im Falle des Falles die zweite Hälfte der
Gruppe sicher zum nächsten festgelegten Treffpunkt führen konnte.
Das war auch gut so, denn nach unserem ersten Klön-, Kaffee- und Klostopp (das sind wohl unsere ganz speziellen
drei K's) in Kollmar an der Elbe verloren wir uns bereits in der Haseldorfer Marsch und trafen erst nach der Überfahrt
mit der
Störfähre bei Beidenfleth wieder zusammen.
Inzwischen zeigte sich auch die Sonne immer mal wieder, aber es traf uns auch der eine oder andere Schauer. Und überhaupt
bestimmte das Wasser die Tour, denn es war schließlich Kanalhopping angesagt!
Von Wedel aus ging es durch die
Wilstermarsch über Glückstadt schließlich immer hin und her über den
Nord-Ostsee-Kanal. Während das
Übersetzen mit der Fähre über natürliche Wasserwege wie die Stör uns noch die paar Euro kostete, die wir dank
Gruppentarif in der Jugendherberge zurückbekamen, zahlt der Kaiser postum die Fähren über den von Menschenhand geferrtigten
Kanal - bei Kudensee, Burg, Hochdonn und wo uns die wunderbar geplante Tour sonst noch entlang führte.
Es gibt schon schöne Strecken in Norddeutschland! Nicht nur die Kurven durch die platte Wilstermarsch begeisterten
uns, sondern an beiden Tagen auch die schöne Landschaft und niedlichen Dörfchen und Reetdachhäuser
von Angeln und Eiderstedt. Nachahmung dringend empfohlen! Auch das Abenteuer kam nicht zu kurz - auf einem Streckenabschnitt
konnten wir auf einer Panzerstraße und einer dazwischen liegenden Schotterpiste sogar alle mal beweisen,
was an Enduro-Potenzial in uns steckt!
Auf unserem Weg durch die Wilstermarsch erreichten wir bald unseren absoluten Tiefpunkt - und das ist bitte rein geografisch
zu verstehen! In
Neuendorf bei Wilster befindet sich nämlich auf 3,54 m unter NN der tiefste Landpunkt Deutschlands und da mussten wir
natürlich mal ganz tief sinken und unsere Duftmarke hinterlassen: Ein Eintrag im Gästebuch beweist nunmehr
der Nachwelt, dass wir vier-Zeh'n dort waren!
Wunderschön ausgesucht hatten Elke und Nicole auch das Hofcafé, in dem wir unsere späte Mittagsrast machten.
Der
Rosenhof in Hohn bot nicht nur eine schnuckelig
und abwechslungsreich mit alten Möbeln eingerichtete Gaststube, leckere Torten und Flammkuchen,
sondern auch per Fernsehschirm die Live-Übertragung des Geschehens im Storchennest vor der Haustür.
Viele nette Erlebnisse bestimmten den Tag: Freundliche Autofahrer, die auf ihre Vorfahrt verzichteten, damit wir im
Pulk die Abzweigung bewältigen konnten; das Paar, das im Rosenhof den Tisch wechselte, damit wir ihren ursprünglichen
Tisch mit an die lange Tafel stellen konnten, so dass wir alle dran passten; der knorrige ältere Herr, der uns dort
beim Abschied eine gute Weiterfahrt wünschte; die grauhaarige Dame, die Birgit Z. bat mit dem Anfahren noch eben
zu warten, weil sie ihr einen Stock aus dem Vorderrad ziehen konnte; die originellen Plakatüberschriften an der Tankstelle
usw. usf.
Gegen Abend erreichten wir schließlich die
Jugendherberge in Kappeln, wo zunächst eine reißerische Aktion für Aufsehen sorgte:
Monika half Doris so energisch beim Ausziehen der Regenkombi, dass dieselbe ein Bein einbüßte! Nachdem wir uns auf unsere
vier bequemen Zimmer verteilt hatten, verbrachten wir mit oder ohne Nickerchen den Abend bei dem Italiener, wo ein Tisch für uns reserviert
war - und wo wir tatsächlich den ganzen Abend draußen sitzen konnten! Postkarten an die zwangsweise daheim Gebliebenen wurden
komponiert und künstlerisch gestaltet, Birgit Z. mutierte zu Schnorri (s. Bild),
während Nicole und Dorit mit ihren Spaghetti aglio kämpften - denn die (Kirsten und Monika können dies nach einem
Probehappen bestätigen) waren absolut das Schärfste!
Am folgenden Morgen genossen wir das absolut sensationelle Frühstücksmüslibüfett und fuhren dann frohgemut
noch ein bisschen nordwärts nach
Glücksburg zum Schloss. Frohgemut bis auf Dorit, an der sich leider die scharfen Spaghetti
schmerzlich rächten. Ihr Magen rebellierte dermaßen, dass sie es sich
nicht zumuten mochte, noch den ganzen Tag mit uns weiterzufahren, sondern sich lieber von Glücksburg aus direkt
auf die Autobahn schwang und auf dem schnellsten Wege nach Hause und sozusagen geradewegs ins Bett fuhr! Auch Kirsten bekam
die Rache der Elemente zu spüren - oder wollte sie einfach die Endurotauglichkeit ihrer Straßenhonda testen, die
offensichtlich lieber ein Naked Bike sein möchte? Auf jeden Fall vertrugen sich die Regenmengen und ihre Textilkombi nicht,
so dass Kirsten, pitschnass und abgelenkt, in einer Linkskurve den daneben liegenden Rasen der Anwohner ordentlich
umpflügte. Sie selbst erlitt keinen Schaden (sogar das alte Linkskurventrauma brach nicht wieder auf), nur die Scheibe
und der linke Spiegel des Moppeds hauchten ihr Leben aus. Die eigenen trockenen Handschuhe, Etas Fleecejacke und Elkes geniale Idee, ihre Regenjacke
unter die nasse Kombijacke zu ziehen, sorgten alsbald auch wieder für ein wohligeres Fahrgefühl und so konnte es auf
an die Westküste gehen. Übrigens blieb dies nicht die letzte Panne des Tages: Karin durfte auch an der W noch einmal
Hand bzw. den Schraubenschlüssel anlegen!
Diverse An- und Ausziehpausen später schien im malerischen Tönning schon wieder die Sonne und so wagte sich wenigstens ein Teil der Gruppe auf die Terrasse des
Restaurants
Hafenblick, während der Rest in der Gaststube regionale Spezialitäten wie "Fleederbeersupp mit Klümp" (Holunderbeersuppe mit gebratener
Wurst und Bratkartoffeln) genoss. Auch am wirklich beeindruckenden
Eidersperrwerk blieb uns die Sonne treu und so genossen
wir den Blick über die See und sahen den zahlreichen Küstenseeschwalben beim Füttern ihrer Brut zu.
Tja, und langsam neigten sich Tag und Strecke auch schon dem Ende zu! Bald schon verließen wir Dithmarschen und steuerten
wieder aufs heimische Hamburg zu. Irgendwo am Deich entstand auch noch das obligatorische Gruppenfoto (leider ja ohne Dorit,
aber dafür mit den schändlicherweise im Text namentlich sonst nicht erwähnten Britta, Nadja und Ulli), bevor
Monika uns in Glückstadt verließ, weil sie lieber über Wischhafen Richtung Moisburg
abkürzen wollte. Nicole blieb gleich in Elmshorn und Regina hupte uns auch schon westlich von Hamburg ein Tschüß zu.
In Schulau wurde Eta schon von Herbert erwartet und angesichts der abendlichen Stunde dauerte es nicht mehr lange, bis
sich alle auf den teilweise ja doch noch recht langen Weg nach Hause in die Stadtteile diesseits und jenseits der Alster
machten.
Es war ein tolles Wochenende, wie diese letzten fotografischen Impressionen beweisen. Ein ganz herzlicher Dank
gebührt Nicole und Elke für Vorbereitung und Führung der Tour!